Wandern im Médoc

 

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Fotos: Silvia Lorbacher

Kann man im Médoc eigentlich auch wandern? Aber ja, es gibt diverse, mehr oder weniger gut ausgeschilderte Wanderrouten. Informationen und Karten finden sich meist in den örtlichen Touristenbüros. Wir haben eine Runde durch die Weinberge bei Pauillac ausprobiert, die ganz ungewohnte Perspektiven auf einen der bedeutendsten Weinorte der Welt mit seinen berühmten Chateaus bietet. Ein günstiger Startpunkt des Rundwegs, der eine acht und eine 14 Kilometer lange Variante bietet, ist das Maison du Tourisme & du Vin am südlichen Ende der Uferpromenade von Pauillac. Hier kann man kostenlos parken und sich einen Wanderplan besorgen.

Dann kann es gleich losgehen: Über einen kleinen Pfad, der am Maison vorbei in Richtung Fluss führt, erreichen wir den hier mit Holzbohlen belegten Wanderweg „Boucle des Chateaux“. In Richtung Süden (also rechts halten) nimmt er einen lauschigen Verlauf entlang des mit dichtem Schilf bestandenen Ufers. Hin und wieder taucht ein Carrelet auf, eine der hochbeinigen Anglerhütten an der Gironde, die so gebaut sind, dass die Gezeitenunterschiede keine Rolle spielen. Mehrere Informationstafeln klären über ihre Geschichte und ihre Bauweise auf, die streng reglementiert ist. Carrelets wurden früher vor allem an arme Fischer vergeben, die sich kein Boot leisten konnten. Heute sind sie begehrte Wochenenddomizile.

Nach ungefähr zwei Kilometern biegt der Weg scharf rechts ab und nimmt nun Kurs auf die Weinfelder. Dabei passiert er das historische Weindorf Bages, das die Familie Cazes, Eigentümer des hier ansässigen Grand-Cru-Chateaus Lynch-Bages, Anfang der 2000er Jahre vollkommen hat restaurieren lassen. Dazu gehört das Café Lavinal, das eine gehobene Bistro-Küche mit günstigen Mittagsmenüs anbietet – mit der richtigen Zeitplanung ließe sich hier gut eine Wanderpause einlegen. Weiter geht es durch die ersten Weinfelder am Rande einer kleinen, wenig befahrenen Landstraße. Wir folgen dem Hinweisschild zur Grotte von Artigues und stehen dann überrascht vor einer Nachbildung der Grotte von Lourdes. Der Besitzer eines Weinguts ließ sie 1897 erbauen. Einer Legende zufolge tauschte er jährlich ein Fass seines Weins mit einem Fass des heiligen Wassers aus Lourdes, mit dem er dann kränkelnde Weinreben behandelte. Durstige Wanderer können sich heutzutage an einem profanen Wasserhahn neben der Grotte erfrischen.

Von hier aus führt ein Waldweg in die Weinfelder. Eine Karte ist nun nützlich, weil die Markierung zu wünschen übrig lässt. Bald gilt es dann eine Entscheidung zu treffen: Nehmen wir die große Runde, die auch den Park des Chateau Mouton-Rothschild berührt und mit dem Chateau Lafitte-Rothschild eine weitere weltbekannte Adresse ansteuert – oder biegen wir schon vorher in Richtung Gironde ab und kehren am Bahnhof von Pauillac in den Ort zurück? Von dort erreicht man schnell wieder die Gironde und kann die Uferpromenade an den Anlegern der Flussschiffe und der Sportbootmarina entlang zurück zum Maison du Vin bummeln. Oder unterwegs, je nach Tageszeit, auf einen Café oder Apéro einkehren und schon einmal die Speisekarten für das Abendmenu studieren. Ein Abstecher in die Altstadt ist ebenfalls zu empfehlen. Das Besondere an dieser Tour aber sind die Blicke aus den Weinbergen auf die Chateaus, deren Erweiterungen sich zum Teil mit spektakulärer moderner Architektur präsentieren, den Ort und die Gironde aus einer ungewohnten Perspektive. Welche Chateaus wann und wie zu besichtigen sind und eventuell Weinproben anbieten, sollte man vorher gezielt recherchieren (oder spätestens im Maison du Vin erfragen) – das hängt sehr von den Jahreszeiten des Wandertermins ab.

2022 Holger Schmale (Grayan)