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Fischen, Jagen und Baden - Fortsetzung

 

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Der Fortschritt machte viel zu schaffen, wollte man doch von Le Verdon bis hier Ölbehälter bauen. Durch die Arbeiten bei Le Verdon, wo hunderte von Hektar Sumpfland trocken gelegt wurden, kam der ganze Schlamm an unsere Küste und vernichtete diesen Einkommenszweig, so dass sehr viele Jugendliche das Land verlassen mussten, um ihr Brot zu verdienen.

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Außer der Fischerei ist auch die Jagd zu beachten, vor allen Dingen im Mai. Über den Winter kommen Wildenten hier an, vor allen Dingen bei Vollmond. Für diesen Zweck sind kleine Binsenhütten an Wassergräben aufgestellt, um den Jäger zu verstecken. Angelockt werden die Entchen von gezüchteten Wildenten, die angebunden sind. Durch ihr Geschrei angezogen setzen sich die Wildenten auf dem Wasser nieder in Reichweite des Gewehres. Da ist aber auch ein bisschen Glücksache dabei. Ihr Fleisch ist sehr fein und viel begehrt, wird auch unter der Hand verkauft, wenn man gute Freunde hat. In den Geschäften braucht man gar nicht nachfragen, da ist nichts zu haben. Das ist eben das Médoc, die Bevölkerung hält zusammen wie Pech und Schwefel. Wird tatsächlich einer erwischt beim wilden Jagen und zu einer Geldstrafe verurteilt, bezahlt der Jagdverein eben die Rechnungen. Das nennt man eben Freundschaft. Hier auf dem Lande hilft ein jeder jedem, der Hilfe braucht.

Bekannte Badestrände sind Soulac sur mer sowie Motalivet. Der Name Montalivet soll von einer Plattform herkommen, die zwischen Montalivet und Soulac im Meer liegt. Nach alten Schriften soll ein Schiff mit Olivenfrüchtren und -öl dort aufgelaufen sein. Auf der Schifffahrtskarte ist diese Plattform mit dem Namen Monte Oliveto bezeichnet, das ist der lateinische Name für Monta ileux, das heutige Montalivet. Um 1800 war es noch eine wilde Gegend, umgeben von Sumpfwiesen und ungepflegtem Wald, doch die Küste ein Traumbild von Sandstrand. Als erster war in 1850 Jackob Laporte, der eine Holzhütte hinbaute, musste aber über den kleinen Fluss Brede ein kleine Brücke aus Balken machen. Langsam kamen die ersten Badegäste, aber badeteten schon sehr oft in der Brede, da die Balken keine große Sicherung gaben.

In 1858 wurde die Straße zwischen Vendays und Montalivet eingeweiht, da sehr viele aus der Gegend ja schon kleine Hütten gebaut hatten. Die Fondationen der ersten Straße waren die Geröllsteine aus dem Meer. Diese Geröllsteine eigneten sich sehr gut, da sie von einer sehr großen Härte sind. Mit viel Tapferkeit und Durchsetzen, nicht auf die Zeit und Geld schauend, arbeitete Herr Laporte mit seinen Leuten, damit diese Straße entstand. Da ihn der Glaube an diese Idee, die Schönheiten dieser Erdflecken allen zu zeigen sowie die Mengen von Wasser, die im ewigen Hin und Her die Allmacht der Natur uns gibt. Niemand kann die gewaltigen Mengen, die in riesigen Wellen gegen das Ufer brausen, aufhalten. Der Straßenbau wurde dann einem Unternehmen von Lesparre gegeben. Niemand kann sich diese heldenartigen Arbeiten heute vorstellen, durch dieses Sumpfland mit Pferde- oder Ochsenwagen das Material zu transportieren. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und nach ein paar Jahren entstand ein wunderschöner Badeort.

Da bis Soulac schon die Eisenbahn ging, die ja 1852 eingeweiht worden war, wurde vom Bahnhof von Queyrac bis Montalivet ein Postwagen mit vier Rädern von zwei Pferden gezogen eingesetzt. 10-12 Reisende konnten darin Platz finden, innen für die Damen und auf dem Dach die Herren, wo man auf einer Leiter hochkletterte. Da es ja nicht immer ein glatter Weg war, wurden die Reisenden ganz schön durchgerüttelt, fielen sehr oft einer auf den anderen mit riesigem Gelächter. Die Reise von 12 Kilometern kostete hin und zurück 3 Franc. Man brauchte ungefähr anderthalb bis zwei Stunden. Aber welch ein Erlebnis zu diesem Zeitpunkt!

Am Strande entstanden Umkleidekabinen, man stellt sich heute die Badebekleidung von damals vor. Die Damen mit Badekleidern voller Spitzen, die Herren in halblanger Beinbekleidung, und trotzdem waren welche, die tapfer ins Wasser gingen. Viele fanden es sehr kalt, so dass man große Kessel mit Meereswasser heizte, das mit einigen Pumpen hochgepumpt ward. In großen Holzbütten konnten dann die Besucher ihr Bad nehmen. Fürs Essen waren große Grills aufgebaut, wo die berühmten Lammkoteletts gebraten wurden, so dass es tatsächlich eine wunderbare Erholung wurde. Langsam wurden Hotels gebaut und zum Seelenheil der Touristen entstand ein kleines Holzkirchlein. Gegenüber vom Meer wurde auch die Muttergottesstatue aufgestellt. Ist sie ja die Schutzpatronin von Frankreich und wird sehr verehrt.

Agnes Kern (Loirac)