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Wallfahrt nach Lourdes - Ferienlager - Fortsetzung

 

Das alles machte natürlich Hunger und Durst, unter Fichten wurde dann ein gutes Mal abgehalten. Mit verschiedenen Spielen ging ein schöner sonniger Ferientag mit Heimweg im Schulomnibus, zu Ende. Sehr oft gab es bei Sonnenschein solche wunderschönen Ausflüge. Bei Regenwetter waren wir im Festsaal versammelt, mit Handarbeiten und Spielen verbrachten wir immer unvergessliche Stunden. Leider ging der Sommer immer viel zu schnell vorbei.

Außerhalb dieser Aufgaben half ich einem Pfarrer, der sich sehr viel um minderbemittelte Kinder kümmerte. Er selbst hatte einen großen Wohnwagen, der für 9 Personen ausgerichtet war, auf einem Campingplatz 20km außerhalb von Lourdes stehen. Wir hatten im allgemeinen 5-6 Kinder zwischen 8 und 10 Jahren mit und eine Mutter, damit sich beim Fahren abgewechselt werden konnte. Wir blieben unserer Gottesmutter zu Ehren immer ein paar Stunden in Lourdes. Aber da war es wie überall, man konnte die Kinder, Mütter und Großmütter nicht von den Geschäften losreißen.

Für "Lourdes-Wasser" mit nach Hause zu bringen, nahmen die Leute ohne zu überlegen 5 Liter- Gefäße mit, sowie große Plastikflaschen. Mit den Gefäßen auf dem Rücken und auf jeder Seite noch 3 Plastikflaschen stolperte ich durch Lourdes, da der Herr Pfarrer den Kindern die verschiedenen Museen zeigen wollte. Die Kinder gingen wieder in den kleinen Omnibus und ich latschte dem Herrn Pfarrer hinterher, der oft seine Blase entleeren musste. So lernte ich außer den Museen auch sämtliche Toiletten in Lourdes kennen. Das nur nebenbei ... !

lm allgemeinen blieben wir von Samstag früh bis Samstag Abend. Die Verpflegung brachte jeder selbst mit. Viele Eltern bevorzugten es, den Kindern anstatt Essen Geld mitzugeben, das dann aber vor allem für Andenken und nicht für Essen ausgegeben wurde. So bereitete ich immer Essen für ca. 10 Personen. Vor allen Dingen ließ ich große Brote backen, die dann länger frisch blieben. Mit Wurst, Butter, Eiern, Dosenmilch, sowie Nudeln und gerapptem Käse, da wir eine Kochgelegenheit hatten, konnten wir hungrige Münder stopfen. Zum Nachtisch mit dem Herrn Pfarrer hatten wir immer Früchte sowie Schmalzgebäck dabei. Diese konnte ich immer schon 2 Tage im voraus backen.

Da unser Pfarrer die Pyrenäen seit seiner Kindheit kannte und ein Besitztum von 2 ha dort hatte, auf dem sich auch eine Berghütte befand, lud er die Kinder in die Winterferien dorthin ein und mietete für die Kinder noch ein anderes Haus, damit sie es warm hatten. Diese Ferien waren etwas ganz besonderes für die Kinder und Jugendlichen, da die meisten bis dahin noch nicht solche Mengen Schnee und Skier kannten. Sie standen da wie vor einem Märchenland.

Jeden Tag wurden Skier geliehen, da wir schon Freitag wieder fahren mussten. Alles in Allem war es ein Getaumel, da es das erste Mal auf Skiern war. Ein paar Führer und Skilehrer gaben freiwillig Unterricht, so dass unsere kleinen Küken bald auf den Beinen standen und so glücklich dabei aussahen, dass es eine große Freude für uns Große war.

Da der Pfarrer jedes Eckchen der Gegend kannte, führte er uns zu Seen in 1740m Höhe. Das waren im Sommer wunderbare Badegelegenheiten, doch wie überall Geschäftsrummel und selbst Zirkus. Da man nach dem Baden sehr viel Zeit verlor, bis die ganze Gesellschaft zusammengetrommelt war und unser lieber Pfarrer sich schnell aufregte und leicht die Geduld verlor, war es etwas unangenehm. Sehr oft führte er uns über die Pässe, auf der Spur der Tour de France. Dort konnten wir auch Käse von Kuh-, Ziege- und Schafsmilch kaufen.

Ais ich die Tür vom Auto - ich muss dazu sagen, es war die letzte Fahrt von diesem Wagen, da er an Altersschwäche litt - aufmachen wollte, blieb mir die Türe in der Hand hängen. Was machen, da kein Draht aufzutreiben war, laufen doch die Kühe und Pferde frei herum. Nach langem Suchen fand sich glücklicherweise ein kleines Stück, das half den Schaden zu beheben, und wir kamen gut aus 1748m Höhe herunter und damit gut nach Hause.

Unserem Käse ging es nicht ganz so gut. Auf der letzten Rast war unsere kleine Gruppe sehr hungrig, so dass mit allen Resten auch unser Käse herhalten musste, so dass der Andenkenkäse den Weg nach Hause nicht fand. Es kamen aber alle gut zu Hause an, und das war die Hauptsache. Nur in der Ermüdung und Aufregung verfehlte unser lieber Herr Pfarrer die Straße und legte eine Reihe Weinstöcke um, die sich aber schnell erholten und keinen größeren Schaden davon trugen.

Sehr oft kamen auch ältere Personen mit, vor allen Dingen im Oktober, dem Monat, der unserer Mutter Gottes geweiht ist. Alle schliefen wir im Wohnwagen, was für eine Nacht. Im großen Zimmer lag eine Dame, die laufend auf den Toiletteneimer musste. Ich hatte aber vergessen, so wie es bei Landleuten Brauch war, wenn sie Besuch hatten und nur ein Zimmer vorhanden war, Heu oder Stroh in den Eimer zu geben, um keinen Krach zu machen. Bei ihr rauschte es fürchterlich. Der Pfarrer in einem der kleinen Zimmer schnarchte ebenfalls sehr laut. Hingegen meine Nachbarin hatte die Weinernte hinter sich mit vielen Bohnengerichten, das gab dann den dritten Ton, sehr laut und kräftig, man kann sagen, an sanften Schlaf war nicht zu denken. Dafür verbrachten wir einen segensreichen, glücklichen Tag, mit etwas Regen. Kommt doch alles Gute von oben.

Für Ostern kamen wir mit Kindern, die vor der Kommunion standen, auf Pilgerfahrt, so auch unser Küster mit Gemahlin. Unser Pfarrer schlief im großen Raum am Eingang mit dem Küster, da dort drei Schlafplätze waren. Die Kinder mit uns beiden Frauen in den anderen Räumen. Nur gegen morgen musste ich, da sich meine Blase bemerkbar machte, in die Natur gehen. Doch ein Hindernis versperrte mir den Weg, war doch in der Nacht Herr Pfarrer von seinem Diwan vor die Eingangstür gerollt. Mit viel List und einem Spagatsprung kam ich - ohne den guten Mann zu wecken - ins Freie und konnte endlich meinem Druck freien Lauf lassen. Betete aber, dass ich nicht husten musste, denn Gott verzeihe den Alten, die nicht mehr ihre Blase beherrschen können. Nur getraute ich mich nicht mehr, den Spagatsprung zu wiederholen. Also machte ich in der Früh um sechs einen Spaziergang bei 6'C auf der Straße von Garvanie und war glücklich und erfreut, als endlich um 8 Uhr die Tür geöffnet wurde. Wir bereiteten das Frühstück für die Kinder und das Mittagessen zum Mitnehmen vor, da wir ja am Nachmittag nach Hause mussten. Unsere Kinder hatten dann einen eigenen Gottesdienst, so dass wir unseren eigenen Anliegen nachkommen konnten.

Das italienische Ehepaar wollte beichten gehen, da ein italienischer Priester da war. Auch unserem Pfarrer fiel es ein, seiner Seele Luft zu machen und das bei einem französischen Priester. Ich war auch schon ganz mitgerissen und sah einen deutschen Beichtvater und war bereit, auch mein Gewissen zu erleichtern. War ja nichts Beschwerliches, aber es gibt eine gewisse Erleichterung. Doch das verlief anders, als ich es mir dachte. Nach den Eingangsworten blieb die Antwort aus, und der liebe alte Priester fing an zu schnarchen. Mit mehrmaligem Husten gelang es mir endlich, den Priester auf mich aufmerksam zu machen. Er gab mir, als er aufschreckte, das Abschiedsgebet und ich konnte verschwinden. Auf der Treppe vor dem großen Beichthaus traf ich unsere Leute. Die einen sagten, wie ist es so leicht, diesen Stein los zu werden, so auch unser lieber Pfarrer. Ich hingegen fragte mich, ob mir ein Stein auf den Kopf gefallen ist oder nicht, habe aber nichts davon erzählt. Erst Monate später, bei einem gemeinsamen Essen, erkundigte ich mich bei unserem Pfarrer, ob die Beichte auch gültig ist. Alle, es waren drei, bejahten es mir zum Gelächter aller - am Tische waren wir 14 Leute - da kann man sich vorstellen, wie ich ausgelacht wurde. War unser Nachbar doch so lieb und ließ erschallen: wenn es jemand gelingt, einen Priester im Beichtstuhl einzuschläfern, dann ist das nur die Frau Agnes.

Agnes Kern (Loirac)