Das Leben im Médoc
Sieben kleine Kaninchen krabbeln unter unseren aufmerksamen Blicken aus ihrem Stroh- und Haarnest, letztes Jahr liefen acht kuschelige gelbe Enten hinter ihrer Mutter her und hüpften in jeden kleinen Wassernapf. Sieben Hühner (jeden Tag sechs große Eier) begrüßen uns gackernd jeden Morgen, schließlich eine ganze Reihe erwachsener Kaninchen, unter ihnen Papa, der alte Rammler, der gerne zwischen den Ohren gekrault wird. Dieser ganze Hinterhof steht uns zur Verfügung, sobald die Nachbarn in ihren Urlaub fahren, zwei Wochen, schließlich drei. Das ist also der Beweis für unsere Integration. In der Tat, wir leben schon seit fast 15 Jahren im Médoc. Wir haben den Sturm von 1999, die Trockenheit im Jahr 2003, Klaus und ich weiß nicht wie viel weitere Windstöße erlebt, auch zwei Suizide von Einwohnern unseres Ortes, dann ein kleiner alter Mann, verirrt im Wald und erst am Morgen wiedergefunden, Menschen, die wir mochten, sind gestorben, aber auch – seit einiger Zeit – Geburten und außerdem Kinder, die nun, selbst Erwachsene, die Umgebung bevölkern.
Am Anfang, es war noch im letzten Jahrhundert, fragte man uns: „Haben Sie denn die Familie hier oder was macht es für Sie so interessant, mitten im Médoc zu leben?“ Unsere erste Antwort („Das Licht im Médoc“) war noch nicht ganz korrekt. Der verständnislose Blick meines Gesprächspartners unterband jeden weiteren Erklärungsversuch. Freilich hatte uns, als wir mit unserem roten Motorrad hier ankamen, die Nachbarin im Nebenhaus, unsere liebe Armande, mit einer Flut von Botschaften empfangen, Fragen zur EIngewöhnung, zum Graben ausputzen, Landvermesser und wenig hilfreiche andere Bemerkungen.
Nach und nach haben wir uns an alles gewöhnt. Wir haben unser Haus und die Werkstatt gebaut, den Garten und die Zufahrt angelegt. Im Bretterzaun, der nach Süden hin unsere Privatsphäre schützt, haben wir das kleine Fenster zu Armande beibehalten, die uns und allen, die uns besucht haben, im Laufe der Zeit eine Art freundliche und schalkhafte Oma geworden ist. Sie war unsere Verbindung zu den Einheimischen, ihr verdanken wir die Freundschaft und das Wohlwollen der meisten von ihnen.
Hier sind wir nun älter geworden, in einer Umgebung, als ob sie immer schon die unsere gewesen wäre, erfüllt von dieser Landschaft des weiten Himmels und der Vogelwelt. Um sich irgendwo nieder zu lassen braucht es nichts weiter als ein Haus, einen Garten, eine Werkstatt und Minette. Zur Zeit schläft sie in meinem Sessel, man darf sie nicht stören, es ist ihr Platz.
2013 Guy-Maternus Schneider (Saint Laurent), Übersetzung: Christian Büttner/Elke Schwichtenberg